1. Einleitung
Mit der Online-Publikation »Catalogus pastorum : Die Pastoren der evangelisch-lutherischen Gemeinden Niedersachswerfen und Krimderode« finden 19 Jahre durch den Verfasser betriebene biografische Forschung ihren Abschluß. Bedingt durch die im 20. Jahrhundert im Südharz umgesetzte kirchliche und staatliche Territorialpolitik,
werden die Gemeinden des ehem. Konsistorialbezirkes Ilfeld nicht mehr Gegenstand landeskirchlicher Pfarrerverzeichnisse sein, die den Zeitraum von der Reformation bis zur Gegenwart umfassen. Für Niedersachswerfen und Krimderode wird mit der vorliegenden Veröffentlichung versucht, zumindest für zwei Kirchengemeinden 500 Jahre Protestantismus anhand von Pfarrerbiografien darzustellen. Weitgehend unerforscht bleibt weiterhin die Geschichte des Konsitoriums bzw. Konsistorialbezirkes Ilfeld (siehe Karte). Bereits vor der Wiedervereinigung unternahm der damalige Leiter des Landeskirchlichen Archives in Hannover, Dr. theol. Hans Otte, den Versuch, anhand der in Hannover befindlichen Archivalien einen "Überblick über die Geschichte des Konsistoriums Ilfeld" für den Zeitraum 1593–1952 zu verfassen, der als unveröffentlichte Maschinenschrift überliefert ist. Die 1982 nach Magdeburg verbrachten Akten des Ilfelder Konsistoriums standen der Forschung damals nicht zur Verfügung. Noch im Jahr 2014 war der Bestand "Konsistorium Ilfeld" (AKPS, Rep. E 4), der vom 16. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts reicht, dort nicht vollständig verzeichnet! Die eingangs geschilderte Territorialpolitik hat leider auch zu einer Verstreuung staatlichen und kirchlichen Archivgutes geführt, welches sich heute in Hannover, Magdeburg, Wernigerode, Gotha, Nordhausen und Niedergebra befindet. Es ist daher äußerst fraglich, ob der Konsistorialbezirk Ilfeld und seine Sonderstellung innerhalb der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers jemals Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung bzw. Publikation werden wird. Immerhin ist unter Wikipedia ein Artikel zum Konsistorialbezirk Ilfeld abrufbar. Zu dieser Darstellung und der jüngeren Kirchengeschichte der Gemeinden des ehem. Konsistorialbezirkes Ilfeld seien an dieser Stelle noch zwei Punkte angemerkt:
1.) Bildung von Partner- und Patenschaften
Die durch die deutsche Teilung von ihren Sprengeln abgeschnittenen hann. Kirchengemeinden auf DDR-Gebiet pflegten persönliche Kontakte auf Kirchenkreis- bzw. Gemeindeebene. Diese Partner- bzw. Patenschaften haben nahezu keine archivalischen Spuren hinterlassen, da sie auf Grundlage mündlicher Vereinbarungen zu Stande kamen. Daher ist die folgende Darstellung unvollständig:
Die Verbindungen wurden unterschiedlich lang gepflegt. In einigen Kirchengemeinden endete der Kontakt zur westdeutschen
Partnergemeinde schon vor der Wiedervereinigung Deutschlands. In Krimderode wurde die Verbindung – die Partnerschaft bestand
mit den Kirchengemeinden Wiershausen und Lippoldshausen – erst Mitte der 1990er Jahre offiziell für beendet erklärt.
Auf dienstlicher Ebene wurden bis 1978 Treffen zwischen der Pfarrerschaft der hann. Kirchengemeinden auf DDR-Gebiet und
Vertretern der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers organisiert. Diese Zusammenkünfte fanden im Stephanus-Stift
in Berlin-Weissensee statt. Es ist davon auszugehen, daß die oben genannten Partner- und Patenschaften Ergebnis einer
dieser Zusammenkünfte waren.
2.) Rückgliederungsgesuch (1990–1992)
Mit der Vollziehung der Deutschen Einheit im Herbst 1990 artikulierte sich in den Kirchengemeinden des ehem.
Konsistorialbezirkes Ilfeld ein mehrheitlicher Wille nach Rückgliederung in die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers.
Seitens der Pfarrerschaft waren die damaligen Pfarrstelleninhaber von Ilfeld, Krimderode und Niedersachswerfen die treibenden
Kräfte einer Rückgliederung.
Nach einem über zwei Jahre sich hinziehenden scheindemokratischen Verfahren von Anhörungen, Sitzungen und Abstimmungen bestimmten
die Kreis-Synode und der Kreiskirchenrat des Kirchenkreises Nordhausen-Ilfeld, sowie die 8. Tagung der XI. Synode der Evangelischen
Kirche der Kirchenprovinz Sachsen im Herbst 1992 den Verbleib der Ilfelder Gemeinden in der Kirchenprovinz Sachsen -
»trotz des Votums der großen Mehrheit der betreffenden Kirchenvorstände«,
wie in der zur Abstimmung vorgelegten Beschlußvorlage der Kirchenleitung zugegeben
wird. Im Landeskirchenamt in Hannover und im Magdeburger Konsistorium bestand kein Interesse an der Wiederherstellung des
Ilfelder Gebietes als kirchenpolitische Exklave. Nachdem die Gremien der Kirchenprovinz Sachsen ganz im Interesse der
Kirchenleitung in Magdeburg das Rückgliederungsgesuch abgelehnt hatten, stellte die Landeskirche Hannovers 1993 den
Ilfelder Gemeinden einen Betrag (Abfindung) von 2.5 Millionen DM zur Verfügung, der in Form eines Baufonds zur Sanierung
kirchlicher Gebäude zur Auszahlung kam. Auch die Kirchenprovinz Sachsen schüttete finanzielle Mittel aus. Den Wunsch nach
Rückgliederung hatte man weder in Hannover noch in Magdeburg seinem Wesen nach verstanden oder verstehen wollen, sondern
rein finanzielle Interessen unterstellt.
Die bis 1945 zum Landkreis Nordhausen/Kreis Grafschaft Hohenstein gehörenden und durch die Nachkriegsordnung zu Niedersachsen gelangten provinzsächsischen Gemeinden Bad Sachsa und Tettenborn, wurden in den Jahren der deutschen Teilung im Auftrag der Kirchenprovinz Sachsen von der Evangelischen Kirche in Westfalen verwaltet. Per Vertrag zwischen der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers wurde die unierte Kirchengemeinde Bad Sachsa zum 1. Januar 1997 in die Hannoversche Landeskirche, die unierte Kirchengemeinde Tettenborn per Vertrag zwischen der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig zum 1. Januar 1997 in die Braunschweigische Landeskirche eingegliedert – gemäß dem Willen der beiden Kirchengemeinden! Damit hatten die Kirchenverwaltungen in Magdeburg und Hannover in Bezug auf das Rückgliederungsgesuch der Ilfelder Gemeinden wenige Jahre zuvor ihr gespaltenes Verhältnis im Umgang mit demokratischer Willensbildung in den Kirchengemeinden endgültig offengelegt.
Im Zuge der Deutschen Einheit wurde auch auf kirchlichem Gebiet alles wiedervereinigt: EKD (1991), VELKD (1991), Gustav-Adolf-Werk (1992), Herrnhuter Brüdergemeine. Die Propstei Blankenburg wurde zum 1. Janar 1992 in die Braunschweigische Landeskirche zurückgegliedert, am gleichen Tag das Amt Neuhaus/Elbe in die Landeskirche Hannovers. Das Dekanat Schmalkalden kehrte zum 1. Juni 1991 in die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck zurück. Das Stift Ilfeld, von 1947–1990 durch die Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer Erfurt verwaltet, ging zum 1. Januar 1991 zurück in die Verwaltung der Klosterkammer Hannover. Allein den Kirchengemeinden des ehem. Konsistorialbezirkes Ilfeld (mit Amt Elbingerode) wurde das Heimatrecht in der angestammten Landeskirche durch Außenstehende verweigert. Dieser Vorgang bleibt kirchengeschichtlich einmalig!
Reinhard Glaß | 2017
[1] Die letzte Bezirkssynode des Konsistorialbezirkes Ilfeld, die am 28. Februar 1981 in Niedersachswerfen zusammenkam und
die von den Kirchenleitungen in Dresden, Magdeburg und Hannover beschlossene Auflösung des Kirchenkreises Ilfeld "demokratisch"
legitimieren sollte, war zahlenmäßig nicht beschlußfähig, da eine Reihe von Kirchenvorstehern - darunter der Präses der Synode -
aus Protest der Sitzung ferngeblieben waren. Die aus Magdeburg und Leipzig anwesenden Kirchenräte (Namen dem Verfasser bekannt)
setzten dennoch die Abstimmung durch.
Bemerkenswert: Die Gemeinden und Pastoren des Amtes Neuhaus/Elbe stimmten geschlossen für die Auflösung des Konsistorialbezirkes
Ilfeld und wurden zum 1. Januar 1992 als einzige ehem. hann. Kirchengemeinden auf DDR-Gebiet in die Evangelisch-lutherische
Landeskirche Hannovers zurückgegeliedert.
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