Das etwa 36 Morgen große Heilstättengrundstück liegt im Südharz am südlichen Abhang des kleinen Steigerberges, etwa 63m über einer von Bächen umflossenen Waldwiese, 400m über dem Meeresspiegel und überragt von 130m höher hinaufsteigenden, bewaldeten und nach drei Seiten völligen Windschutz gewährenden Bergen. Hier erhebt sich auf mächtigem Pfeilerunterbau die nach Süden gerichtete Hauptfront der Anstalt an einer Stelle von landschaftlich außerordentlicher Schönheit.
Trink- und Verbrauchswasser liefert eine eigene Quellenleitung mit 30m Druckhöhe; für die Abwasser ist eine Kläranlage nach System Rothe-Degener angelegt, und die Auswurfstoffe werden durch Kochen unschädlich gemacht. Eine an der Talwiese aufgestellte Turbine, der das Wasser aus 70m Höhe zugeführt wird, liefert die Kraft für elektrische Beleuchtung und einige Motorenbetriebe (Waschküche).
Die Bauanlage besteht aus dem eigentlichen Heilstättengebäude mit konkav geformter Südfront und dahinter über einer Durchfahrt angeschlossenem Wirtschaftsbau, dem westlich an der Zufahrtsstraße gelegenen Arzthause in Verbindung mit einer Privatanstalt für 10 Kranke, einem Stallgebäude und dem Turbinenhaus. Ein besonderes Kessel- und Maschinenhaus war entbehrlich, weil die für die Niederdruckdampfheizung der Anstalt nötigen Kessel im Keller des Hauptbaues aufgestellt werden konnten.
Lageplan der Knappschafts-Heilstätte Sülzhayn
a. Westflügel
b. Mittelbau mit Liegehallen
c. Ostflügel
d. Verwaltungsgebäude
e. Durchfahrt bzw. Verbinder
f. Wirtschaftsgebäude
g. Kesselraum
h. Eiskeller
i. Wohnhaus des Arztes
k. Privatanstalt
l. Stallungen
m. Turbinenhaus
Entgegen der landesüblichen Bauweise wurden Fachwerkbau und alle Holzkonstruktionen, bis auf diejenigen der Dächer, zur Vermeidung von Feuersgefahr und Ungeziefer ausgeschlossen. Die Decken sind aus Heister'schen Platten zwischen Eisenträgern gebildet; zu Fußbodenbelägen sind Torgament, Terrazzo und Linoleum auf Gipsestrich angewendet worden; nur die Dachböden haben Dielung, und die Treppenstufen bestehen überall aus Granit.
Das Heilstättengebäude enthält außer dem Untergeschoß drei Stockwerke; dasselbe teilt sich in einen Mittelbau, der übereinander in 3 Geschossen nur Liegehallen und Wandelgänge enthält, und in die beiden Seitenflügel, in denen sich nach Süden die Schlafzimmer der Kranken befinden. Im Untergeschoß des westlichen Flügels sind dann noch das Arbeitszimmer und das Laboratorium des Arztes untergebracht, in welch letzterem die Hähne der im Raum daneben gelegenen und durch ein Fenster zu übersehenden Brausebäder angebracht sind, so daß der Arzt von seinem Laboratorium aus das Abbrausen der Kranken besorgen und beobachten kann. Ferner sind hier noch angeordnet: ein Inhalatorium, ein Kochraum zur Vernichtung des Sputums und in jedem Flügel eine Heizanlage für Warmwasserbereitung.
Die Anordnung der Liegehallen übereinander ergab sich aus dem Zwang der örtlichen Verhältnisse; sie bieten für die Kranken den Vorteil, daß sie erreicht werden können, ohne eine Treppe zu steigen. Dieselben haben eine Tiefe von 4,88m, und hinter ihnen dehnen sich in der gleichen Länge von 45,00m helle, 4,00m tiefe Wandelbahnen aus, die auch als Tagräume dienen. An sehr heißen Tagen sollen die Liegesessel sehr empfindlicher Kranker auf die an der Nordseite im I. Obergeschoß ausgekragten Balkone gestellt werden. Die Halle im Untergeschoß dient als Veranda und Zugang zum Park, und hinter derselben sind beiderseitig Räume für Aufbewahrung, Reinigen und Wechseln des Schuhzeuges abgeteilt.
In den beiden Flügeln befinden sich 40 Zimmer für zusammen 110 Kranke mit mindestens 35 Kubikmeter Luftraum für das Bett. Die größten Zimmer sind für 4 Kranke bemessen, und jeder Flügel enthält 4 Einzelzimmer im Erdgeschoß. Die Lüftung der Räume geschieht durch die oberen Kippflügel der Fenster und durch Wandkanäle. Zwei Zimmer jedes Geschosses sind neben der Sammelheizung mit Öfen versehen, damit, von jener unabhängig, jederzeit einige Räume erwärmt werden können; auch das Brausebad hat einen solchen Ofen. In jedem Stockwerk sind Waschzimmer zur gleichzeitigen Benutzung von 12 Personen eingerichtet; sie dienen auch als Baderäume und sind deshalb mit 2 Fayence-Badewannen ausgestattet. Ferner hat jedes Geschoß eine Wärterstube, einen Raum für reine Wäsche und einen Abort mit 2 Sitzen hinter einem Vorraum mit Ausguß und Spülbecken für Spuckgefäße.
Das Dachgeschoß ist einerseits zu Wohnungen für die Schwestern und weibliches Dienstpersonal und für das Wäschemagazin ausgebaut, andererseits zu den Wohnungen der Assistenten und vier Reservekrankenzimmern.
In der Mitte der Bauanlage lehnt sich unmittelbar an den Liegehallen nach Norden ein Anbau, der im Keller die Akkumulatoren, die Heizkessel mit Koksraum und den Eisraum enthält, im Erdgeschoß an der Anfahrt und am Haupteingang zur Anstalt 4 Zimmer der Verwaltung und im Obergeschoß den Speisesaal; letzterer liegt mit einer Seite an der Wandelhalle, und gegenüber stellt ein Anrichteraum in gleicher Fußbodenhöhe die Verbindung mit der Kochküche im Wirtschaftsgebäude her.
Das Wirtschaftsgebäude ist vom Hauptbau durch die 5,00m breite Anfahrt getrennt, die unter dem ebenerwähnten Anrichteraum hindurchführt. Über einem Vorratskeller befinden sich im Erdgeschoß die Wäscherei, der Desinfektor und ein Bad für Dienstboten, im I. Obergeschoß die Kochküchenanlage, im II. die Wohnung des Maschinenmeisters und Schlafräume für Personal, endlich im Dach der Raum zum Trocknen und Glätten der Wäsche.
Die Baukosten haben, einschließlich Weganlage, Quellenleitung und so weiter, 765.000 Mark betragen; der Grunderwerb erforderte 30.000 Mark und die bewegliche Ausstattung 63.000 Mark; hierzu treten noch 42.000 Mark für die Erwerbung eines Bauernhofes, auf dem 20 Milchkühe zur Versorgung der Anstalt gehalten werden. Demnach berechnen sich die Gesamtkosten der Anstalt auf 900.000 Mark.«
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