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Für das Sanatorium »Waldpark« ist kein Aktenbestand im Kreisarchiv Nordhausen bzw. Thüringischen Landesarchiv in Gotha überliefert. Daher kann die Geschichte des Sanatoriums nur eingeschränkt dargestellt werden: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die heutige Dr.-Kremser-Straße im Oberdorf ab Grundstück Nr. 36 nur einseitig bebaut. An der zur Sülze gelegenen Straßenseite standen die Fachwerk-Bauernhöfe (Wohnhäuser und Scheunen). Die zugehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen lagen an der anderen Straßenseite bzw. hinter der Sülze. Die der älteren Einwohnerschaft geläufigen Begriffe »Bischoff's Wiese«, »Nicolai's Wiese« und »Böckmann's Wiese« weisen auf diese alte Raumordnung hin. Sie war einerseits topographisch vorgegeben (Lage im Tal), andererseits durch die germanische Siedlungsstruktur bedingt. Aus fünf Bauernhöfen im Sülzhayner Oberdorf entwickelten sich nach 1900 Sanatorien bzw. Kurheime:
Der Bauernhof in der heutigen Dr.-Kremser-Straße 38 befand sich Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz des Sülzhayner Landwirtes Friedrich Brömme (1851–1922). Der Hof wurde 1900 von Brömme an den Berginvaliden (=invalider Bergarbeiter) Theodor Rassenberg (1873–1903) verpachtet, der die Absicht hatte, dort eine Privat-Lungenheilstätte zu eröffnen. Der Umbau von Scheune, Stall und Remise zu einer Heilstätte mit 12 Betten erfolgte 1901 nach Plänen von Zimmermeister Hugo Hackelberg (1877–1931) aus Ellrich. Im Sommer 1902 verkaufte Friedrich Brömme den Hof schließlich für 22.000 Mark an Theodor Rassenberg, nicht aber das ursprünglich zugehörige Land an der gegenüberliegenden Straßenseite. Für dieses Areal fertigte der Ellricher Zimmermeister Hermann Zietzling (1871–1952) im Auftrag von Friedrich Brömme Pläne für den Neubau eines Sanatoriums in Fachwerk an. Diese gelangten in den Jahren 1904–1905 zur Ausführung. Der Neubau erhielt 1905 die Konzession und wurde im Mai desselben Jahres als Sanatorium »Waldpark« eröffnet.
Mit der Leitung des Sanatoriums und der Einhaltung der Konzessionsbestimmungen waren Friedrich Brömme und sein Schwiegersohn Karl Sachse,
der mit der Beaufsichtigung der Kranken betraut war (»Wärter«), von Anfang an überfordert, da beiden die nötige Vorbildung
bzw. Qualifikation fehlte. Bei der Visitation der Sülzhayner Heilstätten durch den Hildesheimer Regierungs-Medizinalrat im August 1905
wurden mehrere Verstöße gegen die Konzession festgestellt. Nur drei Monate nach Eröffnung lautete das prägnante Urteil für das
Sanatorium »Waldpark«: »Der Betrieb in der Anstalt machte mehr den Eindruck eines minderwertigen Gasthauses
als einer Krankenanstalt.« Diese Um- und Zustände mögen dazu geführt haben, daß das Sanatorium 1906 von Otto Timm (1874–1939) erworben wurde, der wiederum sein im Oberdorf im Bau befindliches Sanatorium (Hohentanneck) an den Altonaer Weinhändler Friedrich Cords (1863–1925) verkauft hatte. Otto Timm, der im November 1898 aus Hamburg nach Sülzhayn kam, war zunächst als Wärter, dann als Inspektor der Knappschafts-Heilstätte in Sülzhayn tätig, verfügte also über mehrjährige Erfahrung im Heilstättenbetrieb. Das Sanatorium »Waldpark« wurde im Eigentum von Auguste Timm geb. Eckholdt (1877–1925), der ersten Ehefrau von Otto Timm, betrieben, die auch Inhaberin der Konzession war. Die wirtschaftliche Leitung lag in den Händen von Otto Timm.
Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratete Otto Timm 1927 die 30 Jahre jüngere Marie Brandt (1904–1981) aus Sülzhayn, die wiederum 1941
in zweiter Ehe den Kaufmann und Junggesellen Fritz Stubbe (1896–1960) vom vis-a-vis gelegenen Sanatorium »Otto Stubbe«
ehelichte. Er wurde als Geschäftsführer des Sanatoriums »Waldpark« eingesetzt. Das Sanatorium blieb alleiniger Besitz
von Marie Stubbe geb. Brandt verw. Timm. Etwa 2009 wurde »Waldpark« im Rahmen einer Versteigerung von einem Niederländer erworben. Was auswärtige Immobilienkäufer
(sog. „Investoren”) in Sülzhayn vollbracht bzw. hinterlassen haben, ist nicht zu übersehen: Ruinen, Schutt und Asche.
Man muß allerdings auch hinzufügen, daß die dünnwandigen, in Fachwerk ausgeführten Heilstättenbauten nicht für die Ewigkeit,
sondern lediglich für eine Nutzungsdauer von wenigen Jahrzehnten konzipiert waren. Die Häuser sollten sich möglichst schnell
amortisieren und Gewinn abwerfen, dann ggf. erweitert oder durch modernere Bauten ersetzt werden. Die Gebäude wurden zu DDR-Zeiten
auf Verschleiß betrieben und waren mit dem Ende der DDR ebenfalls am Ende. R. Glaß | Juni 2020 |
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