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Abb. A

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Abb. B

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Abb. C

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Abb. D

Das Sanatorium »Hohentanneck« wurde in den Jahren 1905–1906 nach Plänen des Zimmermeisters Hugo Hackelberg aus Ellrich durch das Baugeschäft Bergh & Fettke in Blankenburg/Harz für Otto Timm (1874–1939) in Fachwerk errichtet. Zum 27. September 1905 wurde Otto Timm, dessen berufliche Laufbahn in Sülzhayn am 1. November 1898 als Wärter auf der Knappschafts-Heilstätte begann, die Konzession zum Betrieb der Privatkrankenanstalt erteilt. Noch während der Bauausführung (1906) trat Otto Timm das Grundstück mit Sanatorium an die bauausführende Firma Bergh & Fettke ab, um das ebenfalls im Sülzhayner Oberdorf gelegene Sanatorium »Waldpark« zu übernehmen, dessen wirtschaftlicher Leiter er bis zu seinem Tod 1939 blieb. Die Immobilie »Hohentanneck« wurde 1906 von dem Hamburger Gastwirt und Weinhändler Friedrich Cords (1863–1925) käuflich erworben, da – wie er in seinem handschriftlich überlieferten Lebenslauf erwähnt – »entfernte verwandtschaftliche und sonstige freundschaftliche Verbindungen schon seit Jahren mit Sülzhayn bestanden.« Als leitender Arzt wurde noch im gleichen Jahr Dr. med. Joseph Stein (1877–1961) vertraglich engagiert, der 1908/1909 auf dem benachbarten Grundstück für sich und seine Familie eine Villa errichten ließ. Das Sanatorium wurde am 15. Oktober 1906 von Bergh & Fettke betriebsfertig übergeben. Ein Jahr später mußte die Firma Konkurs anmelden. Die Liegehallen, die laut ursprünglichem Bauplan mit direkter Verbindung vor dem Sanatorium errichtet werden sollten, wurden an die Grundstücksgrenze verlegt und dort separat ausgeführt (→ Abb. 1, rechts im Bild).

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Abb. 1: Sanatorium »Hohentanneck« | um 1910

Am 25. Dezember 1906 ersucht Friedrich Cords den Landrat Ludwig von Doetinchem de Rande (1864–1941) in Ilfeld, seine Privat-Lungenheilanstalt im Januar 1907 eröffnen zu dürfen, da »durch die Gräfin Ziethen-Schwerin auf Wustrau ... ein junger Mann am 2. Januar 1907 als Patient überwiesen werden soll.« Zudem verweist er darauf, »seit dem 15. August 1906 a. c. ohne Verdienst« zu sein und »kolossale Ausgaben« zu haben. Die Erteilung der Konzession an Friedrich Cords erfolgt schließlich am 13. Februar 1907.
In den darauffolgenden Jahren gelangten weitere Baumaßnahmen am Sanatorium zur Ausführung:

  • 1912 Ersetzung der Trockenklosets durch Wasserspülklosets | Architekt: Wilhelm Morgenstern, Nordhausen
  • 1915 Kleine Lieghalle in Holzbauweise im Anstaltspark | Architekt: Zimmermeister Hermann Sander, Ellrich
  • 1921/22 Neubau Wohnhaus Cords (Haus »Tanneck«) | Architekt: Karl Picking, Ilfeld
  • 1927 Anbau einer Hauslieghalle | Architekturbüro Dr.-Ing. Sohrmann/Dr.-Ing. Meyer, Nordhausen.

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Abb. 2: Sanatorium »Hohentanneck«, links im Bild: die »Teufelsleiter« | um 1925

Nach dem Tod von Friedrich Cords im Juli 1925 führte dessen Witwe, Mary Cords geb. Wahlen (1865–1944), den Heilstättenbetrieb zunächst allein weiter. Im April 1935 kehrte Margarethe Eibenschütz-Cords (1890–1960), die einzige Tochter von Ehepaar Cords, mit ihrem jüdischen Ehemann, José Eibenschütz (1872–1952), wieder nach Sülzhayn zurück, um das Sanatorium »Hohentanneck« als »Arisches Haus« gemeinsam mit ihrer Mutter unter der Eigentümerbezeichnung Friedrich Cords Erben gemeinsam zu führen. Ein historisch grotesker Umstand.
Nach dem Tod von Mary Cords geb. Wahlen im April 1944 verblieb das Sanatorium bis Oktober 1960 in Besitz und Leitung von Margarethe Eibenschütz-Cords. Am 21. Oktober 1960 verunglückte Margarethe Eibenschütz-Cords mit ihrem PKW auf dem Weg zu einer Aufführung im Opernhaus Leipzig bei Eisleben tödlich. Tags darauf übernahm die wirtschaftliche Leiterin des Hauses, Ella Rieder geb. Duensing (1900–1965), die den tragischen Verkehrsunfall als Mitfahrerin weitgehend unverletzt überlebte, den Betrieb der Heilstätte, ab 1. November 1960 auch offiziell »im Erbwege«. Zum 1. Juli 1963 wurde der Sanatoriumsbetrieb von Ella Rieder an die Staatlichen Heilstätten Sülzhayn übergeben. Ein sog. Pachtvertrag wurde mit Wirkung ab 1. Oktober 1963 geschlossen. Mit der sinkenden Zahl lungenkranker Patienten erfolgte in den Jahren 1965–1967 eine Umprofilierung der Sülzhayner Lungenheilstätten, die zum Jahresbeginn 1968 abgeschlossen war und das Gesundheitswesen in Sülzhayn in die Bereiche Kur- und Bäderwesen, Sozialwesen (Pflegeheime) und Rehabilitation (Sonderschule) aufgliederte. Das Sanatorium »Hohentanneck« wurde dem Bereich Sozialwesen zugeordnet und diente von 1965 bis 1992 als Feierabend- und Pflegeheim. Zum 1. Januar 1985 wurde der Bereich Sozialwesen aus den Gesundheitseinrichtungen Sülzhayn herausgelöst und durch die Zentrale Heimverwaltung des Kreises Nordhausen (ZHV) übernommen. Die letzten Heimbewohner wurden 1992 in das Pflegeheim Nordhausen-Ost verlegt.

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Abb. 3: Sanatorium »Hohentanneck« | um 1980

Am 20. September 1965 verzog Ella Rieder zurück in ihre Heimatstadt Hamburg und verstarb dort bereits zwei Monate später im Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-Eilbek – wie Margarethe Eibenschütz-Cords ohne Nachkommen. Im Testament von Ella Rieder wurden 17 Erben aus der Familie Wahlen benannt und zum 1. Februar 1966 der Ökonomische Direktor der Gesundheitseinrichtungen Sülzhayn, Klaus Hersener (1928–1989), als Nachlaßpfleger bestimmt. Bis zum Untergang der Deutschen Demokratischen Republik 1990 konnten die Erbansprüche innerhalb der Erbengemeinschaft durch den Nachlaßpfleger nicht eindeutig ermittelt werden.
Die Erbengemeinschaft wird seit den 1990er Jahren durch ein Mitglied der Familie Wahlen aus Hamburg vertreten. Die Größe der Erbengemeinschaft (2008 rund 40 Personen) und deren Zerstreuung über den gesamten Globus haben das Grundstück zu einer Schrottimmobilie, Sanatorium und Wohnhaus zu Ruinen verkommen lassen. Geblieben sind hohe Tannen, die dem Sanatorium einst seinen Namen gaben.

R. Glaß | 2017

Bildnachweis:

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