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Abb. A |
Im Oktober 1900 wurde das Sanatorium »Waldhaus« der Schwester Elisabeth Teichgräber (1861–1937) in Sülzhayn staatlich konzessioniert, welches bereits 1899 als Erholungshaus eröffnet hatte. Der Heilstättenbetrieb der Schwester Elisabeth Teichgräber verteilte sich zunächst auf zwei Gebäude. Neben dem eigentlichen Sanatorium, das von den älteren Einwohnern Sülzhayns als »Haupthaus« bezeichnet wird, gehörte auch das Anwesen in der heutigen Dr.-Kremser- Straße 74 als sogenannter »Appendix« zum Sanatorium »Waldhaus«. Elisabeth Teichgräber verpachtete diese Außenstelle ihres Sanatoriums 1901 an ihren Verwalter Ludwig Schäfer (1863–1903). Der aus Hamburg-Altona gebürtige Ludwig Schäfer eröffnete dort unter seinem Namen eine Privat-Krankenanstalt, für die er am 24. Februar 1902 die Konzession erhielt. Ein 1903 beabsichtigter Erweiterungsbau nach Plänen des Nordhäuser Architekten Franz Becker sollte die Kapazität des kleinen Sanatoriums auf 27 Betten in 17 Zimmern verdoppeln. Durch den Tod Ludwig Schäfers am 29. Juni 1903 gelangte das Bauvorhaben nicht zur Ausführung. Aus wirtschaftlichen Erwägungen gab die Witwe, Frieda Schäfer geb. Voigt, das Erweiterungsprojekt auf. Am 28. August 1903 wurde ihr die auf den verstorbenen Ehemann ausgestellte Konzession »mit der Maßgabe .... übertragen, daß die Frau Schäfer, falls sich aus dem Mangel einer männlichen Aufsicht beim Betriebe der Anstalt Unzuträglichkeiten ergeben sollten, gehalten ist, einen von der zuständigen Behörde als geeignet anerkannten Aufseher anzustellen.« [Kreisarchiv Nordhausen | Sülzhayn, Signatur J A 158]
Frieda Schäfer übernahm zunächst für einige Jahre die Leitung der Anstalt. Offensichtlich ergaben sich im Laufe der Jahre
wohl doch »Unzuträglichkeiten«. Nach zweimonatiger Einarbeitung durch Frieda Schäfer und Dr. med. Carl Wiemann
(1860–1922), den leitenden Arzt am Sanatorium Schäfer, wurden die Aufgaben zur wirtschaftlichen Leitung ab
1. September 1910 durch den Mecklenburger Kaufmann Rudolf Wasmund (1875–1912) als offiziellen Geschäftsführer
übernommen. Frieda Schäfer und Rudolf Wasmund heirateten im Dezember 1910. Die Konzession zum Betrieb des
Sanatoriums Schäfer wurde im Februar 1911 auf beide übertragen.
Frieda Wasmund leitete das Haus »Sonnenfels« bis 1921 und siedelte dann nach Hamburg über. Das Sanatorium verkaufte sie an Karl Reichel (1879–1963). Reichel lebte bereits seit Februar 1913 in Sülzhayn und war neben Dr. med. Josef Stein (1877–1961) und Wilhelm Palm (1879–1946) Mitbegründer von Dr. Steins Neuem Sanatorium, bis 1921 auch Mitbesitzer. Karl Reichel veranlasste bald die Erweiterung von »Sonnenfels«. Das Dachgeschoß des Sanatoriums wurde ausgebaut, die Loggia bis ins 2. Obergeschoß erhöht. Neben dem Sanatorium ließ Reichel für sich und seine Familie 1929 ein Wohnhaus nach Plänen des Ilfelder Architekten Karl Picking (1888–1962) errichten. Das 1911/12 seitlich angebaute Wohngebäude wurde aufgestockt und in das Sanatorium integriert. Nach der Befreiung des Konzentrationslagers »Mittelbau-Dora« bei Nordhausen/Harz am 11. April 1945 wurde das Haus »Sonnenfels« mit ehemaligen KZ-Häftlingen belegt. Nach deren Rückführung in die Heimat ging das Sanatorium in den Besitz der VVN-Heimstätten G.m.b.H. über. Karl Reichel verlor 1946 durch Enteignung seinen gesamten Besitz und wurde in eine kleine Wohnung im Küsterhaus (Alte Schule) zwangseinquartiert. Das Ehepaar Reichel lebte dort bis zum Tod. In staatlichem Besitz wurde »Sonnenfels« zunächst als Lungenheilstätte weitergeführt. Im Jahr 1967 endete die Behandlung von Tbc-Patienten in Sülzhayn. Das Gesundheitswesen im Ort wurde in die Bereiche Kur- und Bäderwesen, Sozialwesen (Pflegeheime) und Rehabilitation (Sonderschule) aufgegliedert. Das Haus »Sonnenfels« wurde ab Janaur 1968 dem Bereich Kur- und Bäderwesen zugewiesen, zur Behandlung von Magen- und Darmkranken (60 Betten). Im Juni 1978 wurde »Sonnenfels« aus dem Bereich Kur- und Bäderwesen herausgelöst und die Lehrlinge der Sonderschule sowie die theoretische Ausbildung der Berufsrehabilitation dorthin verlegt. Das bisherge Domizil der Lehrlinge, Haus »Otto Stubbe«, wurde 1978 abgerissen und an dessen Stelle ein neues Bettenhaus errichtet, welches (erst) 1987 seiner Bestimmung übergeben wurde. Die Immobilie »Sonnenfels« wurden 2006 nach fast 17 Jahren Leerstand an einen »Investor« verkauft, verbunden mit großen Hoffnungen für die touristische Entwicklung von Sülzhayn. Geplant war ein Erholungskomplex: Bungalows als Ferienwohnungen, das alte Sanatorium (fassadenerhaltender Neubau) als Haupthaus mit Wellness, Veranstaltungsräumen, Hotelzimmern und anderem. Über die Planungsphase kam das Projekt nicht hinaus. Die »Investitionen« am Objekt selbst beschränkten sich auf die Entkernung des Sanatoriums (2007), sowie Baumfällarbeiten und den Abbruch der ehem. Hausliegehalle (2010). Am 9. November 2012 wurde schließlich damit begonnen, die Ruine abzureißen. Die Zukunft des Areals ist ungewiß.
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