Donnerstag, 26. Juli 1906
Kaum glaublich haben wir auch heute einen köstlichen Tag. Bin gegen 12h. mit
laufenden Arbeiten fertig u. kann etwas in Wald. Vergeblich versuche ich in
Rothesütte Karl |
1| zu sehen. Ist mit Kindern auf Ausflug. Auch Dr.
Locke |
2| hat sich nach Brocken aufgemacht. Karl |
1| bittet mich
telefonisch um meinen Besuch zum Abend, da er morgen abreisen muß. Gehe also
wieder hin u. bleibe dort zum Essen. Rückweg durch Wald prächtig. Karl schildert
mir seine Verhältnisse u. daß er nicht im Stande sei mit seinen Einnahmen den
an ihn herantretenden Ansprüchen zu genügen. Sein an sich schon geringes Vermögen
schmelze immer mehr zusammen u. er wisse nicht, wie Zukunft der Seinen sichern solle.
Er fürchte daß er im Dienst nicht weiterkomme, nicht Intendant würde u. da träte an
ihn Frage heran, ob er sich nicht nach anderer u. einträglicher Tätigkeit umsehen
solle. Na, darauf ist bald geantwortet. Wie ihm so geht Tausenden. Ist es z. B.
bei mir nicht genau dasselbe? Warum
[Fortsetzung der Aufzeichnungen unter dem 5. Februar 1906]
soll er sich nicht umsehen nach Besserem u. falls er es findet zugreifen, vorher aber
die warme Schüssel aus der er anständig u. bequem noch viele Jahre füttern kann,
nicht bei Seite schieben. Wie schwer hinterher etwas Günstiges findet, daß kann
er ja auch tagtäglich erfahren. Er soll sorgen, daß er seinen Kindern gute Erziehung
gibt, sie befähigt einst selbst zu vererben. Bequemer allerdings, wenn man andere für
sich arbeiten läßt u. sie dann beerbt. Wer hat mir jemals etwas gegeben. Mit meinen
56 Jahren soll jetzt Quälerei u. Schinderei wieder anfangen? Wer fragt danach, wie
bitter mir dieser Bissen! Er soll vernünftig sein u. Gott danken, dß in Position,
aus der ihn niemand vertreiben kann. So schrieb mir auch Mika u. bat mich in diesem
Sinne ihrem ewig unzufriedenen Karlmann seinen dicken Kürbißkopf zu waschen.