Mittwoch, 5. September 1906
Die Hitze hat mich ganz kaput gemacht u. der unablässige Aerger in d. Anstalt
ist auch nicht angetan meine Stimmung zu verbessern. Niemals klappt es u. für
jeden Unfug hat Dame Hirschf. |1| eine ellenlange Entschuldigung, die
stets auf ihre eigene Tüchtigkeit hinausläuft, über die ich aber ganz anders denke.
Ich meine der alte Schlendrian geht los, sobald ich Frau H. |1| nicht mehr
auf Fersen hocke. Sie will zu viel ramschen |2| u. das verträgt sich nicht
mit Interesse der Patienten. Heute ist ein Privatpat. aufgenommen, anständiger
Mensch, der natürl. entsetzt ist, wenn er primitive Einrichtungen sieht u. Zumutung
mit den gewöhnlichen Leuten an einem Tisch zu essen. Dabei findet Frau H. |1|
garnichts! ich aber verstehe, dß der Mann sofort ausrückt zu Thimm |3|.
Gegen Abd. wird Gottdank kühler. Gewitter. Ich mit W. |4 | im Wald.
Wurden etwas naß. Nachts gewittert weiter.
|1| Marie Hirschfeld geb. Feraud verw. Stubbe (1869–1949), Besitzerin des Sanatoriums »Otto Stubbe«
|2| ramschen = billig einkaufen |3| Otto Timm (1874–1939), Besitzer des Sanatoriums »Waldpark« |4| Stud. med. Wilhelm Kühnemann (1883–1911), Schwager von Dr. med. Richard Kleffel |