Freitag, 31. August 1906
Das gute Wetter hält an, aber die Hitze meint es zu freundlich. Sonne brennt
kaum zum aushalten u. da sie es während des ganzen Tages auf meinen neuen
Wohnraum tut, so ist es in demselben wie in einem Backofen. Zu machen ist
dagegen nichts, ist zum lachen, daß mit dem Tage mit dem ich übersiedelte,
Kälte verschwand. Frau Dr. H. |1| benutzt den Mt. |2| um auf
meine Bezahlung zu sprechen zu kommen. Versucht zuerst einige Mätzchen, giebt
dann aber von selbst zu, daß ich durch Emil Hofmann |3| eine Entschäd.
von täglich 20 M. gefordert hätte, von der 100 M. für meine Verpflegung in
Abrechnung zu bringen sein sollten. Letztere lege dann auch noch in Bezug auf
Getränk fest, um durchaus reinliche Scheidung zu haben zwischen dem was mir
zusteht u. dem was ich verlange. Für Hannas |4| Aufenthalt lehnt sie
Bezahlung ab. Allerlei kleine Gefälligkeiten meinerseits kommen dabei in
Gegenrechnung u. ich muß sie gelten lassen, ebenso wie den Umstand, daß ich
an Getränken eingentl. nichts beanspruche außer Sauerbrunnen |5|, da
ein brauchbares Trinkwasser fast nie zu erhalten ist. Zahlt mir dann M. 500,
die sofort an Hanna |4| einsende. Gegen Mittag fahre nach Ellrich, wo
einige Besorgungen habe u. Schwager Wilhelm |6| abhole, der sich für
heute angesagt hatte. Trifft pünktlich ein. Wir nehmen zum Schlafen meine
früheren Zimmer, das neue als gemeinsamen Wohnraum. Er berichtet von Hause Gutes,
besonderes weiß er nicht zu erzählen. Bestätigt übele Laune des Ahnherrn |7|
u. wie er sein Märtyrertum heranzuheben verstände. Abds. |8| hat uns Krems.
|9| eingeladen, bei dem ein früherer Pat. |10| nebst Frau (Hamburger
reicher Wurscht-Fabrikant) zum Besuch. Dieses Ehepaar kein Genuß. Sie in steter
Angst um Eheherrn, der gern einen hebt u. das nicht tun soll. Sonst ganz nett.
Gemeinsam mit Emil |3| spät nach Hause.
|1| Marie Hirschfeld geb. Feraud verw. Stubbe (1869–1949), Besitzerin des Sanatoriums »Otto Stubbe«
|2| Moment |3| Emil Hoffmann (1868–1945), Besitzer des Sanatoriums »Kurhaus« und Schwager von Dr. med. Emil Kremser |4| Johanna Kleffel geb. Kühnemann (1874–1937), Ehefrau von Dr. med. Richard Kleffel |5| Mineralwasser |6| Stud. med. Wilhelm Kühnemann (1883–1911), Schwager von Dr. med. Richard Kleffel |7| Friedrich (gen. Fritz) Kühnemann (1840–1917), Kommerzienrat und Schwiegervater von Dr. med. Richard Kleffel |8| abends |9| Dr. med. Emil Kremser (1859–1947), Chefarzt an der Knappschafts-Heilstätte Sülzhayn |10| Patient |