Mittwoch, 19. September 1906
Wetter wie gestern, gießt von früh bis spät. Weis mich garnicht zu lassen,
trotz wärmster Kleidung, Gummischuhe, friere in Zimmern zum Erbarmen. Und
dabei Arbeit in Fülle, da Aufnahmen immer noch gedrängt werden. Nehme
Rücksprache mit Frau H. |1| »Ich scheine besonders empfindlich
zu sein, sie säße bei offenem Fenster« – aber bei geheiztem Zimmer.
Ich bleibe ihr nichts schuldig u. am N. M. |2| wird bei mir Heizung
angestellt. Das genügt mir. In dieser Weise spielt sich Verkehr jetzt ab,
in ruhiger Weise ist nichts zu erreichen. Für Abend haben Krs. |3|
wieder einmal eingeladen u. d. Aufenthalt bei ihnen ist für mich stets Erholung.
Des schlechten Wetters wegen, nehme mit Dr. Wiemann |4| u. Fr. |5|
einen Wagen, der uns auch wieder abholt. Bei Krs. |3| größere Gesellschaft
zu »Curryessen«. Haben Eßzimmer chinesisch japanisch dekoriert,
ich muß mit Kr. |6| im Tropenanzug erscheinen, Curry mit allen Schikanen
ist vorzüglich. Auch sonst famose Stimmung. Kr. |6| muß natürl mich wieder
als alten Japaner feiern. Ich danke mit Hoch auf Familie Kr. u. deren bekannte,
unübertreffliche, liebeswürdigste Gastfreundschaft. Sitzen äußerst gemütlich
bis Mitternacht.
|1| Marie Hirschfeld geb. Feraud verw. Stubbe (1869–1949), Besitzerin des Sanatoriums »Otto Stubbe«
|2| Nachmittag |3| Familie Kremser |4| Dr. med. Carl Wiemann (1860–1922), Leitender Arzt an mehreren Sanatorien im Dorf Sülzhayn |5| Elisabeth Wiemann geb. Stoltenberg-Lerche, genannt Else (1868–1957) |6| Dr. med. Emil Kremser (1859–1947), Chefarzt an der Knappschafts-Heilstätte Sülzhayn |