Mittwoch, 29. August 1906
Prächtiges Wetter. Ich merke davon aber in meiner Bude nichts, die kein
Sonnenstrahl trifft. Derart ungemütlich, daß nicht mehr aushalte. Mache
kurzen Prozeß u. siedele in ein freies, geräumigeres u. nach Süden
gelegenes Zimmer über, in dem zunächst allerdings erst wohnen, nicht
schlafen will. In kürzester Zeit ist hergerichtet u. macht überaus freundl.
Eindruck. Wenn Wilhelm |1| herkommt haben entsch. netten Raum für
unsern Aufenthalt. Heute sind auf 40 Patienten zusammen geschrumpft. Zuzug
sehr langsam. Ich halte für kein Unglück. Besser, dß sich Erinnerung an
Unannehmlichkeiten etwas verwischt u. neue Patienten andere u. bessere
Verhältnisse finden. Ich früh kleinen, N. M. |2| großen Spaziergang -
Ehrenberg mit köstlicher Fernsicht. Ein Extra-Kegeln, das spät Abends
angesetzt wird, lehne ich ab u. erfreue mich an meinem neuen Salvus |3|.
|1| Stud. med. Wilhelm Kühnemann (1883–1911), Schwager von Dr. med. Richard Kleffel
|2| Nachmittag |3| salvus (lat.) = wohlbehalten (Wohnung, Heim, Herberge) |